Erörterung eines Leserbriefs

  • Hallo, ich wollte nochmal um Hilfe bitten bei der Erörertung des folgenden Leserbriefs zum Thema Mindestlöhne, veröffentlicht am 26. Juli 2008 in der Mitteldeutschen Zeitung...


    Meine Erörterung würde ich unter die Aufgabenstellung stellen, dass die Positionen des Schreibers herausgearbeitet werden und dazu Stellung bezogen werden soll.
    Meine Ansätze: erstmal Definition und Abgrenzung des Begriffs "Mindestlohn", Finnland/Schweden als EU-Staaten haben ein flächendeckendes Sozialsystem; dann darauf eingehen, dass Arbeiter ohne Tarifvertrag mit dem Lohn noch unter der Grundsicherung liegen, die Hartz IV bietet mit Beispielen mit den Konsequenzen, die da wären, dass Berufe in "Niedriglohnsektoren" fast niemand mehr wählt, diese quasi "absterben" in gewisser Weise; wenig Lohn führt zu verstärkter Kriminalität und Schwarzarbeit; Lebenshaltungskosten steigen (Ursache für vorangenannte Konsequenzen); dann das Ost-West-Denken erläutern (nach dem Mauerfall haben ja die Wessis in den Osten investiert, dass mehr Infrastruktur etc. aufgebaut wird...


    Nur ein fauler Kompromiss
    Zu "In vielen Branchen wird wenig verdient", MZ vom 19. Juli:
    Wenn die Bundesregierung die jetzige Regelung mit den Branchenmindestlöhnen als ihren Erfolg verkauft und CDU und SPD sich damit selbst beweihräuchern, zeigen sie doch nur, wie weit weg sie von der Realität in diesem Lande sind. Bekanntlich können nur die Branchen mit Tarifverträgen einen solchen Lohn beantragen. Da stellt sich schon die Frage: Was wird mit den Beschäftigten in Betrieben jener Branchen, in denen es gar keine Tarifverträge gibt? Auf fast 50 Prozent der Unternehmen in den neuen Bundesländern trifft das meines Wissens nach zu.
    Nächste Frage: Was passiert in den Branchen, in denen die Arbeitnehmer kaum organisiert sind und in denen tatsächlich nur Hungerlöhne gezahlt werden, zum Beispiel in der Fleischindustrie oder im Friseurhandwerk? Der nun erzielte Kompromiss der beiden Regierungsparteien ist nicht mehr oder gar weniger als ein fauler; auch deshalb, weil weiterhin die Tarifunterschiede zwischen Ost und West festgeschrieben werden. So wie es schon in der Baubranche geschehen ist. Hier erhält ein Ungelernter in den alten Ländern einen Stundenlohn von 10,70 Euro. Im Osten erhält sogar ein Facharbeiter nur 9,80 Euro in der Stunde. Es ist also an der Zeit, dass die Bundesrepublik endlich jenen EU-Staaten oder selbst den USA folgt, in denen schon seit Jahren ein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn gilt. Selbst der Wirtschaftsweise Peter Bofinger findet: "Fast alle Länder in Europa haben schon allgemeine Mindestlöhne oder allgemein verbindliche Tarifverträge. Es ist gut, wenn Deutschland auch einen Schritt in diese Richtung geht."

  • Hallo Sue!


    Ich würde dir raten, noch einmal genau nach der Aufgabenstellung zu fragen. Nach meinem Gefühl hast du das Thema verfehlt. Du sollst keine Erörterung über den Mindetslohn schreiben, quasi wie bei der textgebundenen Erörterung: Man bekommt einen Text und erörtert anhand dessen ein Thema.


    Wenn ich dich richtig verstanden habe, musst du nächste Woche einen Vortrag über die journalistischen Arbeitsformen (Glosse, Satire, Reportage...) halten. Es geht hier also um die Textform "Leserbrief", die du erörtern sollst.


    Ein Text fällt nicht einfach vom Himmel, sondern ist gemacht - von einem Autor zu einer bestimmten Zeit mit einer bestimmten Absicht gerichtet an einen gewissen Adressaten. Das musst du herausarbeiten: Wie ist dieser Text gemacht und was macht ihn zum "Leserbrief"?




    Das habe ich gerade spontan aus dem Internet herausgesucht. Ich würde mich erstmal auf diese Weise über einen "Leserbrief" als Textform informieren und dann die theoretischen Grundlagen mit dem Beispiel vergleichen.

  • Hallo Ulli,


    also ich danke dir schon wieder für deine Hilfe. Natürlich hast du Recht, wenn du sagst, erstmal ne formale Analyse zu machen. Der Lehrerin geht es hauptsächlich um das Argumentefinden an sich (also in der Diskussion dann), um die kausalen Zusammenhänge... also final, konsekutiv... und natürlich auch um die Positionen des Autors. Ferner sagte sie mir, ich solle das quasi alles leiten, dazu gehört es ja auch, eine Aufgabenstellung zu erstellen und meine würde zu dem Leserbrief lauten: Untersuche (da steckt ja auch die Analyse drin, oder?) den Text, arbeite die Position des Autors heraus und nimm dazu Stellung.


    Sag mal, könntest du mir vielleicht nochmal mit den sprachl. Mitteln bei der Glosse helfen?
    Ich danke dir.


    LG, Sue

  • Hallo,


    ich hab nochmal ne Frage zur Gliederung, wenn ich den Aufbau des Leserbriefs und die Absicht des Autors erläutert habe und bei der Schwerpunktsetzung der Erörterung auch auf wirtschaftliche und soziale Aspekte eingehen soll...
    Ich würde folgendermaßen Vorgehen:


    1. Einleitung
    2. Definition der Begriffe Grundsicherung und Mindestlohn
    3. wirtschaftliche Aspekte
    3.1. Arbeiter tarifungebundener Branchen werden "ausgequetscht" hinsichtlich Arbeitszeit/Lohn = Unverhältnis (These), wegen Profitgier der Arbeitgeber (Begründung) + Beispiel Friseurhandwerk - wenig Verdienst, aber acht Stunden täglich präsent sein, - auch Kurierfahrer + auch schon bei der Arbeitsvermittlung beginnt "Ausbeutung" des Heranwachsenden: Beispiel: Jugendlicher wird an Betrieb vermittelt - Jugendlicher nur sehr wenig (weniger als bei Ein-Euro-Job), Unternehmen kriegt das doppelte an Förderung)
    3.2. Diese Niedriglohnsektor-Berufe werden weniger ausgewählt (These), wegen niedrigen Lohnes, welcher die steigenden Lebenshaltungskosten nicht decken kann (Begründung) und Beispiel Metzgerberuf (viele offene Ausbildungsstellen, auch Bäcker) -> Folge: Fachkräftemangel
    3.3. wenn Mindestlohn für Branchen (vornehmlich zunächst für die, wo die Einkommen am Existenzminimum angesiedelt sind), dann auch Kaufkrafterhöhung, weil auch zufriedener [Ost-West-Unterschiede mitbeachten]; wenn nicht, dann noch mehr Kaufkraftrückgang und damit Überleitung zu sozialen Aspekt... der höheren Verarmung/Verstärkung von Kriminalität
    4. soziale Aspekte
    4.1. Mindestlohn, der über Grundsicherungsgrenze liegt, würde eine Verarmung in Zaum halten (These), weil die Einnahmen und Ausgaben im Verhältnis angesiedelt sein sollten/wären -> Folge: höhere Lebensqualität - wenn in Branchen kein Mindestlohn, dann erweitert sich die Kluft zwischen Arm und Reich -> mögliche Folge: höhere Kriminalität (habe dazu konkretes Zahlen-Beispiel); aber auch verstärkte Inanspruchnahme (trotz 8-Stunden-Job; bspw. Akkordarbeit) der Tafeln etc. (auch da konkret recherchierte Informationen dazu)
    5. politsche Aspekte
    5.1. mehr Kosten durch steigende soziale Leistungsbezüge, weil ein Großteil; teilweise auch manche Jugendlichen für einen Billiglohn nicht arbeiten wollen
    5.2. Vergleich zu dem flächendeckenden Sozialsystem von Schweden (jeder zahlt Sozialabgaben, aber einkommensabhängig)
    6. Lösungsansätze größtenteils nur auf politischer Einwirkung des Bundes möglich: durch Tarife in den unterschiedlichen Niedriglohnsektoren die Lebensqualität steigern (zumindest so, dass der Lohn sich im Verhältnis zu Lebenshaltungskosten befindet) - denn dem Schuldenabbau sollte das Wohlergehen des Menschen dem Land vorrangig erscheinen; zunächst erst einmal Versuch, Ost an West anzugleichen
    7. Eigene Stellungnahme: Wichtigkeit der Leserbriefe als kommentierend, die öffentliche allgemeine Meinung vertretend und appellierend - Nachweis auch in Literaturgeschichte begründen (mit Heinrich Heines Gedicht "Die schlesischen Weber" von 1844, der in diesem sich kritisch über die Missstände der Weber äußert - Heines Schriften waren sehr umstritten und das Gedicht hatte, soweit ich weiß, auch Publikationsverbot)